Ein denkwürdiger Tag
Veröffentlicht von sici in Geschichten · Freitag 21 Apr 2017 · 2:30
Der 21. April ist der Geburtstag meiner Grossmutter aus dem Glarnerland. Sie wurde 1893 geboren und verstarb im Alter von 67 Jahren.

Meine Mutter, Jahrgang 1926, starb im Alter von 75 Jahren am 21. April 2001. Ich durfte die letzte Nacht bei ihr im Krankenhaus verbringen. Was mir geblieben ist, dass eine Nachtschwester meiner Schwiegertochter erzählte, dass in diesem Zimmer eine friedliche und schöne Atmosphäre herrschte. Das beeindruckte mich. Schliesslich sass ich nur auf dem Stuhl und sinnierte vor mich hin oder las. Ich nickte auch einige Male kurz ein.

Als meine Mutter schwanger war, wollten sie ins Kino. Meine Mutter war 1948 hochschwanger mit mir. Der Kinokassierer liess meine Eltern nicht rein. Er sagte, dass mein Vater noch zu jung sei. Mein Vater zeigte auf meine Mutter, die in Erwartung war und dass er zwanzig Jahre alt sei. Nix die Bohne! Ein strenges Regiment.
Mein Vater entschied sich bereits viele Jahre davor für Exit. Er wollte selber entscheiden, wann er abtreten will.
So war es. Er wollte an diesem Datum, 21. April, von uns gehen. Im Februar wurde er neunzig Jahre alt. Eigentlich war er für sein Alter noch fit, auch geistig. Doch nichts hielt ihn ab. Nicht mal die Urenkelin. Y. war damals mit der Klasse in Südfrankreich. Der jüngste Urenkel feierte am darauffolgenden Sonntag Erstkommunion.
Er hat sich entschieden - Punkt!
An diesem Tag versammelten wir uns alle in der Wohnung meines Vaters. Meine Schwester und ihr Mann, meine Tochter, mein Sohn und meine Schwiegertochter, mein Mann und ich. Die Betreuerin erklärte nochmals, dass es Vaters Entscheidung ist. Sie hätte noch nie einen dreiseitigen Lebenslauf aufgeschrieben. Mein Vater erlebte vieles in seinem Leben. Er fragte, voller Vorfreude, wann es nun weiterging. Ich richtete das Zimmer ein Tag vorher ein mit Kerzen und Blumen. Es gefiel ihm. Vorgängig erstellte ich auch die Karten für die Anzeige und für den Dank. Mein Vater war mit dem Druck sehr zufrieden. Mein Vater verabschiedete sich von allen. Mein Schwester, die Betreuerin und ich begleiteten ihn ins Zimmer. Er setzte sich ganz ruhig auf die Bettkante und nahm seinen Trank und weg war er.
Die Betreuerin informierte uns, wie es weitergeht. Zwei Zivilpolizisten kamen vorbei, wie auch der Amtsarzt. Anschliessend kamen die Bestatter.
Ich sah meinen Vater nicht mehr, als er hinunter gebracht wurde. Ich verabschiedete mich an jenem Morgen bereits bei ihm. Ich hoffe, dass er mit meiner Entwicklung und meinem Lebensweg zufrieden war.
Jetzt sind meine Eltern wieder vereint. Foto entstand 1947.

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